Ich komme gar nicht dazu alles zu berichten was ich erlebt habe. Es gibt viele Erlebnisse, über die ich nichts geschrieben habe – angenehmes als auch unangenehmes. Hier aber noch zwei Ereignisse, dich mich fast haben kollabieren lassen.
Das erste war hier in der Bucht von Tanjung Lesung bei unserer Ankunft.Als wir hier ankamen und ich langsam meine Runde drehte um die Wassertiefe auszuloten um den Anker zu setzen, sprang MITTEN in der Bucht die Wassertiefenanzeige ganz plötzlich von 5,30 auf 2,30. ich schmiss sofort den Rückwärtsgang ein da ging auch schon ein Krachen durchs Boot. Wir saßen auf einem Felsen fest. Ich glaubte einen Ruck im Ruder gespürt zu haben und vermutete, dass das Ruder einen Schlag abgekommen hat. Ich war am zerbröseln innerlich. Das hätte das Ende meiner Reise bedeutet.
Hier in Indonesien gibt es null Infrastruktur für Segler. Beim Ruderschaden müsste das Boot ausgekrant werden um es im Trockendock/Werft zu reparieren. Das wäre hier an der Südwestküste Javas, wo das passiert war, nirgendwo möglich. Die nächste Werft, wenn man sie so nennen kann, wäre Jakarta, an der Nordküste, gewesen. Außerdem hätte ich mich dorthin schleppen lassen müssen von einem anderen Boot. Das alles sah ich im Geiste schon innerhalb einer Sekunde vor mir. Aber während mir diese Horrorszenarien durch den Kopf jagten gab ich volle Pulle Gas rückwörts. Nach einer bangen Minute – gefühlte 10 Minuten – rutschten wir rückwärts den Felsen runter. Glücklicherweise sind wir sehr langsam gefahren, als wir aufliefen, sodass am Kiel kein Schaden zu erwarten war. Aber wie sah es mit dem Ruder aus? Ich bin sofort in größere Wassertiefe gefahren und habe den Anker gesetzt. Wenige Sekunden später war ich auch schon mit Taucherbrille im Wasser um das Ruder zu checken. Ich hätte wetten können, Grundkontakt damit gehabt zu haben, aber es war nichts erkennbar. Das Ruderblatt ist voll übersäht mit Seepocken. Daran dass sie rundum und auch unten noch dran klebten, konnte ich sehen, dass wir nirgendwo touchiert hatten. Sonst wären Schleifspuren am Blatt sichtbar geworden. Ich war so sicher, einen Ruck im Ruder gespürt zu haben (Brigitte und Gerdi übrigens auch) dass ich voll davon ausging, meine Reise wäre zu Ende. Aber der Ruck kam wohl, als der Kiel endlich vom Felsen runter rutschte. Als ich zitternd wieder auftauchte musste ich vor Freude weinen und auf die Knie fallen. Keine Grundberührung mit dem Ruder.
Auch die andern beiden waren sprachlos und dankbar und hatten mit mir gezittert.
So ähnlich ging es uns ca. drei Wochen zuvor mit Susanna an Bord. Das sprang das Echolot in gelisteter Wassertiefe von 14 m (in Karte) von einer Sekunde auf die andere von 15 m auf 2,20 und wir saßen nach einem Knirschen ebenfalls auf einem Felsen fest. Hier hatte es mehrere Minuten gedauert um wieder frei zu kommen. Hier hatte sogar das Ruder aufgesetzt, glücklicherweise auf ganz weichen Korallen, die ich mit den Händen kaputtbröseln konnte. Adrenalin floss bis zum Abwinken.
Ich war mit Taucherbrille sofort ins Wasser gesprungen, hing am Heck um die Situation unterm Boot zu sehen und gab laufend Anweisungen an Susanna wie sie zu steuern hatte. Wir hatten einen spitzen Felsen genau zwischen dem Kiel und dem Ruderblatt und das Ruderblatt hatte backbord- und steuerbordseitig Korallen in gleicher Höhe. Es wahr tricky daraus zu kommen, ohne dass der Felsen das Ruder berührte. Eine Strömung im Wasser von über einem Knoten Geschwindigkeit erschwerte unser Freikommen zusätzlich. Susanna hatte super nach meinen Anweisungen gesteuert, die ich ihr nach jedem Auftauchen zurief. Ein mehrfaches mehrminütiges vor und zurück und nach backbord und steuerbord steuern brachte uns schließlich frei.
Ich ging durch die Hölle während dieses Manövers, denn das Ruderblatt ist wohl das wichtigste Teil vom Boot. Mit dem Ruder irgendwo anzuecken ist der Albtraum eines jeden Skippers. Da kann lieber der Motor verrecken, die Segel zerfetzen oder der Mast brechen, als dass dein Ruder verreckt. Ohne dem ist die Reise zu Ende und evtl. das Boot verloren.
Ohne Ruder ist dein Boot ein Spielball des Windes und der Strömung. Und Strömung gibt’s hier zwischen den Inseln mehr als einem lieb ist. Zwischen den Inseln Bali und Lembongan hatten wir mit Strömungen von bis zu sechs Knoten zu kämpfen. Ebenso zwischen Pulau Ceningan und Nusa Penida, wo wir unter Motor durchfuhren und gerade soeben gegen die Strömung ankamen. Auf der Karte sieht man unseren Schlangenkurs. Hält man den Bug nicht gerade gegen die Strömung, bricht er nach back- oder steuerbord weg und man muss gegensteuern.
In den Cruising Guides über Indonesien und in den Seglerforen und sogar in den elektronischen Karten die ich auf iPhone und iPad habe und auf den Papierkarten sind Warnhinweise drauf, dass man sich auf die Karten nicht verlassen kann. Angeblich gibt es Abweichungen von bis zu 500 (!) m. Mittlerweile kann ich das bestätigen. Zwischen den beiden Inseln Pulau Ceningan und Nusa Penida sind wir MITTIG durchgefahren während unser GPS uns in der Karte anzeigte, dass wir AUF dem Ufer entlang fuhren.
(Siehe rot gestrichelte Linie in der Seekarte)
Wie soll man mit solche Karten navigieren? Ich bin froh, Wenn ich Indonesien heil verlassen habe.
Nirgends in den anderen Ländern hab ich solch eine mangelhafte Kartographierung gesehen.
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