FAULE HAUT AUF PITCAIRN EINGETROFFEN
FAULE HAUT IN THE BOONDOCKS
Hello friends of sailboat Faule Haut and her Skipper Ingo.
After having covered over 4,250 nm (nonstop) within 40 days, Faule Haut reaches Pitcairn Island in the Pacific – safe and sound.
(My English speaking friends, please copy and past the following text into Google Translator, if you are interested in learning something about Pitcairn. Sorry – I’m too lazy to write it twice)
Nach über 4.250 gesegelten Seemeilen und 40Tagen nonstop auf See hat die Faule Haut mit Skipper Ingo Pitcairn erreicht.
Wie oft schon hab ich ihn zitiert in meinem Leben, den berühmten “Arsch der Welt”, wie oft wähnte ich dort gewesen zu sein. Fehlanzeige!
Doch jetzt bin ich wirklich dort.
Glaubt mir – der berühmte viel zitierte „Arsch der Welt“ heißt Pitcairn.
Die Duden-Redaktion möge dies bitte getrost ins Synonym-Wörterbuch aufnehmen.
Pitcairn Island ist der Inbegriff der Abgeschiedenheit. Er gilt wohl als einer der abgeschiedensten Orte der Welt, wenn nicht sogar als der abgeschiedenste Ort der Welt überhaupt.
Hier haben am 15.01.1790 die Meuterer der Bounty Zuflucht gesucht, in der Hoffnung hier eine neue Heimat zu finden, fern ab von den britischen Verfolgern (die die Britische Regierung senden würde, um versteckte Meuterer ausfindig zu machen und vor Gericht zu bringen). Drei Tage mussten sie, wegen der heftigen Brandung, vor Anker liegend warten, bis sie die Insel betreten konnten.
ZWANGSLEKTÜRE
(Sollte jemand die Geschichte der „Meuterei auf der Bounty“ nicht kennen, so möge er schleunigst diese Bildungslücke schließen und das Buch lesen oder sich die Verfilmung ansehen. Die wahre Geschichte ist dreimal verfilmt worden. Wobei die letzten beiden Versionen gleichsam am interessantesten sind. Die eine mit Marlon Brando „Meuterei auf der Bounty“, die andere, „Bounty“, mit Mel Gibson in der Hauptrolle, und mit mehr “nackten” Tatsachen.)
VOR ÜBER ZWEIHUNDERT JAHREN
Ein glücklicher Umstand kam den Meuterern damals gelegen:
Die Insel wurde schon 23 Jahre zuvor (1767) von einem britische Schiff gesichtet, dessen Kapitän ihr auch den Namen Pitcairn gab. Allerdings wurde durch einen Navigationsfehler die Position dieser Insel um ca. 170 sm falsch in die Seekarten eingezeichnet. Dem Anführer der Meuterer, Fletcher Christian, war dies aufgefallen, als er die Insel fand. Für ihn war dies ein Grund mehr, diese Insel als Zufluchtsstätte auszuwählen, da es so wegen des falschen Karteneintrags weniger wahrscheinlich erschien, von den Verfolgern der britischen Admiralität gefunden zu werden.
BOUNTY BAY
Pitcairn hat keinen Strand und kein flaches Ufer. Die Küste ist steil und schroff und eigentlich gibt es nur zwei kleine Anlandemöglichkeiten, die je nach Wind/Wetter genutzt werden können. Eine davon ist “Bounty Bay”, an der Südostküste. Eigentlich wird auch nur diese benutzt, denn hier hat man ein kleines Anlegedock für Dinghies und eine Slipanlage zum zu-Wasser-lassen der “Longboats” errichtet.
Es gibt also weder einen Hafen oder Anlegemöglichkeit für Segel- oder Motoryachten, noch für Transportschiffe. Pitcairn wird nur alle drei Monate von einem Versorgungsschiff angelaufen, welches von Neuseeland startet.
Selbst das Versorgungsschiff muss auf Reede liegen (d. h. vor Anker liegen) während seine Ladung gelöscht wird. Dazu haben die Pitcairner zwei „Longboats“, wie sie sie nennen, mit dene sie neben dem Versorgungsschiff festmachen um die Ladung zu löschen, und das oft unter lebensgefährlichen Bedingungen, wenn das Wetter nicht mitspielt. Es ist schon vorgekommen, dass wegen zu heftiger Brandung das Versorgungsschiff (immerhin von Neuseeland kommend, über 5.000 km entfernt !) wieder abgehauen ist, ohne die Ladung dort zu lassen. Das bringt dann Versorgungsprobleme mit sich, da es nur viermal im Jahr kommt.
Die Wetterbedingungen dort können grenzwertig sein. Um ehrlich zu sein, die Wetterbedingungen sind meistens grenzwertig. Ab und zu umrunden Kreuzfahrtschiffe die Insel, aber nur selten können deren Passagiere anlanden wegen der heftigen Brandung. Dann, wenn möglich, fahren die kernigen und drahtigen Pitcairner mit ihren Longboats zu den Cruislinern, machen neben ihnen fest und gehen an Bord um irgendwelche Waren zu verkaufen oder auch selbst welche einzukaufen.
Den Namen Bounty Bay erhielt diese kleine Bucht, weil die Meuterer damals dort ihr Schiff anzündeten und versenkte. Angeblich sind heute noch Wrackteile dort zu sehen. Ich hoffe Gelegenheit zu finden, es zu besuchen.
GEFÄHRLICHES ANLANDEN
Meine Sorge während der gesamten Fahrt war, würde ich günstige Wetterbedingungen vorfinden, die mir ein Anlanden erlauben?
Würde ich lange am Anker hängen müssen, um auf günstige Wetterbedingungen zu warten?
Würde ich überhaupt anlanden können? Übers Internet habe ich erfahren, dass schon viele Segler tagelang hier vor Anker lagen, und wegen der heftigen Brandung überhaupt nicht anlanden konnten.
(Auf YouTube findet sich ein Video welches zwei Segler zeigt, die bei Sturm von der Insel mit dem Dinghy wieder zu ihrer Yacht zurückwollen und dabei beinah absaufen.)
Ich hatte extremes Glück. Das Wetter war nicht ideal aber ich konnte es wagen.
Ich bin mit dem Dinghy an Land gerudert, weil mein Außenborder wegen versifftem Sprit wieder gestreikt hatte.
Im wasserdichten Seesack dabei: Seefunkgerät, GPS, Kompass und Signalmunition.
Ein simples Malheur wie das zerbrechen einer Plastikschaufel des Paddels beim Rudern in starker Brandung, kann schon zu einem lebensgefährlichen Problem werden. Der Wind könnte dich aufs offene Meer hinaustragen.
Ich wünschte ich hätte hölzerne Paddel, wie es sie früher gab, und nicht diesen billigen Plastik-Alu-Mix.
Die Pitcairner haben alle permanent ein VHF-Seefunk auf Kanal 16 eingeschaltet. Kurz nachdem ich den Anker gesetzt hatte, wurde ich von Ihnen auch schon angefunkt und freundlich begrüßt. Man wollte wissen wann ich an Land komme, selbstständig, oder ob mich jemand abholen soll. Ich sagte, dass ich in ca. einer Stunde selbst kommen werde. Als ich an Land kam gabs eine herzliche Begrüßung und ich wurde von einer hübschen jungen Immigration Officerin eingeladen hinten auf ihrem Buggy (DAS Fortbewegungsmittel auf der Insel) Platz zu nehmen. Ab ging’s nach oben nach Adamstown zum Einklarieren bei der Immigration.
Ein Pitcairner, der gesehen hat, dass ich gerudert bin, hat gleich meinen Motor auf sein Buggy gepackt und mit nach Hause genommen. Am nächsten Tag bekam ich ihn repariert wieder. Er wollte noch nicht mal was dafür haben, dass er den Vergaser auseinandergenommen und gereinigt hat.
ADAMSTOWN
Jetzt sitze ich oben auf dem Hochplateau im – oberhalb der Bounty Bay gelegenen -Adamstown, in dem sämtliche Einwohner der Insel wohnen – quasi auf einer Arschbacke von Pitcairn,
Adamstown, die Hauptstadt von Pitcairn Islands, benannt nach einem Mitglied der Meuterer. Einwohner: 56 (in Worten: sechsundfünfzig).
Die meisten von ihnen sind direkte Nachfahren der Meuterer (9) und ihrer polynesischen Frauen (11), die sie damals von Tahiti auf ihrer Flucht mitgenommen hatten, zusammen mit noch sechs polynesischen Männern.
Pitcairn ist heute das letzte britische Überseegebiet im Pazifik und gleichzeitig mit gerade einmal 56 Einwohnern das am dünnsten besiedelte Territorium mit Selbstverwaltung der Erde, überhaupt.
ANGST UMS BOOT.
Ich habe Angst, dass das Wetter umspringt während ich auf der Insel bin, und mir die Rückkehr zur Faulen Haut unmöglich macht, während sie allein vor Anker liegt. Das Wetter und die See können hier extrem rau und gefährlich werden (siehe zuvor genanntes Video), noch dazu in kurzer Zeit. So hab ich’s im Internet gelesen, und so haben mir´s die Pitcairner bestätigt. Angeblich ist das Wetter im Juli und vor allem im August am gefährlichsten hier. Leider genau zur jetzigen Zeit.
Die Furcht, der Anker könnte schlieren oder sich losreißen, während ich an Land bin, macht mich fast verrückt. Das wäre die Katastrophe für mich. Der Nachteil des Einhand-Segelns.
Auszugszitat aus den „World Cruising Guide“:
„All anchorages should be treated with suspicion, as several boats have been lost at Pitcairn as the weather changed unexpectedly while the crew where ashore.“
Sowas les’ ich nicht gern.
Deswegen beobachte ich permanent Wind und Wetter und beobachte den Pazifik. Bei zweifelhaftem Ankergrund tauche ich meistens um zu checken, ob der Anker richtig liegt, aber hier ist die Wassertiefe über 13 m, da müsste ich mein Scuba Gear benutzen. Das wäre kein Problem, wenn es hier nicht so von Haien wimmeln würde. Mit denen muss ich mich erst anfreunden.
FREUNDLICHE PITCAIRNER.
Die Pirtcairner gelten als sehr gastfreundliche und hilfsbereite Leute, so behaupten viele ehemalige Besucher der Insel. Ist ja selbst für sie ein Highlight, wenn da mal wieder ein Segler auftaucht um sie zu besuchen.
Sie wollte ich kennenlernen, und die Art und Weise wie sie auf solch einer einsamen Insel ihr Leben gestalten und mit der schwer vorstellbaren Lebensart zurecht kommen. Welche Infrastruktur und Lebensbedingungen würd ich dort vorfinden? Dies war und ist äußerst spannend für mich.
MORD UND TOTSCHLAG
Pitcairn war aber nie eine heile Welt. Nachdem die Meuterer sich auf der Insel niederließen, gab es unter ihnen nur wenige Jahre später Mord und Totschlag. Sie dezimierten sich quasi selbst. Selbst der Anführer Fletcher Christian wurde 1793 ermordet.
1794 lebten nur noch vier der erwachsenen Meuterer dort:
Young (übernahm die Führung), Adams, Quintal, McCoy.
Zusätzlich noch zehn polynesischen Frauen und deren Kinder.
McCoy fing an, aus den Wurzeln der Keulenlilie (aus den Blättern der Pflanze machten die Polynesier die Tattoo-Farbe) Schnaps zu brennen, verfiel dem Alkohol und stürzte eines Tages im Suff von den Klippen.
Quintal war nicht viel besser. Nachdem er im Suff mehrfach gedroht hatte, alle Kinder umzubringen, wurde er 1799 von Young und Adams vorsichtshalber prophylaktisch gemeinsam „beseitigt“.
Als Edward Young 1800 an Asthma starb, blieb John Adams als einziger Erwachsene mit zehn polynesischen Frauen und 23 Kinder übrig. Alle Kinder waren Kinder der europäischen Meuterer. Die polynesischen Männer hinterließen keine.
NUR EINE KIRCHENGEMEINDE
Young hatte kurz vor seinem Tot dem ungebildeten Adams mit Hilfe der Schiffsbibel das Lesen beigebracht. Dieser wurde daraufhin ein gläubiger frommer Mann, verbot den Alkohol, führte die Gemeinschaft gut und baute eine Schule für die Kinder. Auch regelmäßige Gottesdienste wurden abgehalten.
Adams starb 1829 als angesehnes Oberhaupt eines natürlichen Todes.
Es gibt nur eine einzige Kirche auf der Insel, nämlich die der Siebenten-Tags-Adventisten. Fast alle Inselbewohner gehören dieser christlichen Kirchengemeinde an. Als 1890 Pitcairn von einem adventistischen Missionar besucht wurde, war dieser erstaunt, solch eine gläubige Gemeinschaft (ein Verdienst Adamsˋ) dort vorzufinden. Alle Inselbewohner ließen sich taufen und schlossen sich den Adventisten an. Da ich selbst ein gläubiger Christ bin und der gleichen Gemeinde angehöre, ist dies natürlich spannend für mich.
NUR EIN GESCHÄFT
Es gibt nur einen einzigen kleinen Laden auf Pitcairn, den „General Store“. Dieser ist nur dreimal die Woche zwei Stunden geöffnet (So., Di. und Mi. Von 8:00 – 10:00 Uhr. Hier gibts die Dinge für den täglichen Bedarf, in erster Linie Lebensmittel, zu kaufen. Tiefgekühltes Fleisch und Gemüse oder Dosengemüse, Toilettenartikel, Reinigungsmittel, Alkohol, Tabak, Fischereibedarf etc. Da alles sehr aufwendig importiert werden muss, sind die Preise verständlicherweise extrem hoch, und das Angebot spärlich. Bisher hab ich nur durch die Fenster sehen können, und war erschrocken, wie klein der ist. Jeder kleine Tante-Emma-Laden in Deutschland hat mehr zu bieten. Und das ist der einzige Laden für die gesamte Insel. Es gibt kein Restaurant oder Café oder ähnliches hier. Keine andere Einkaufsmöglichkeit.
URLAUB AUF PITCAIRN?
Wer also hier Urlaub machen will, sollte sich eindecken und soviel er kann mitbringen. Aber wer macht hier schon Urlaub?
Nun – die Abenteurer sterben nicht aus. Ab und zu finden Segler ihren Weg hierher. Für andere Urlauber ist die Anreise mühsam und extrem teuer. Man müsste nach Tahiti (Französisch Polynesien) fliegen, von dort mit dem Boot oder Flugzeug nach Mangareva (900 sm = 1750 km; ebenfalls zu Fr. Polynesien zugehörig) fahren/fliegen, und von dort dann mit dem Versorgungsschiff „Claymore II“ (weitere 300 sm = 555 km), welches die Insel nur vier mal im Jahr anfährt, mitzufahren. Dies ist die einzige regelmäßige Verbindung nach Pitcairn. Es gibt tatsächlich manchmal Leute die so hier her kommen.
SELBSTVERSORGUNG
Da durch diese schwierige Importversorgung selbst die Grundnahrungsmittel sehr teuer sind, sind die Pitcairner zu Selbstversorgern par excellence geworden. Angebaut werden von ihnen Bananen, Ananas, Coconut, Zitrusfrüchte, Papaya, Mango, Melone Guave, Zuckerrohr, Yams, Taro, Süßkartoffel und Brotfrucht.
Auch Hühner und Ziegen werden gezüchtet.
Es versteht sich von selbst, dass Fisch ganz oben auf dem Essensplan steht. Wegen des Fehlens eines Korallensaumes überwiegen in der Umgebung Pitcairns Hochseefische und Riffbewohner. Es gibt dort jede Menge Haie, Doraden, Barrakudas, Red Snapper und Thunfische. Am Schelf gibt es Hummer und Langusten. Einmal im Jahr kommen Buckelwale vorbei auf ihrem Zug durch den Pazifik.
TRINKWASSER UND ELEKTRIZITÄT
Ganzjährig fließende Bäche, Flüsse und Seen fehlen, sodass die Einwohner zur Wasserversorgung auf Zisternen angewiesen sind.
Strom wird über zwei Generatoren erzeugt, die Nachts abgeschaltet werden.
GRÖSSTE MARITIME NATURSCHUTZGEBIET DER WELT
Die offizielle Bezeichnung von Pitcairn lautet
„Pitcairn, Henderson, Ducie and Oeno Islands“
denn es besteht aus vier Inseln:
Ducie Island (ein Atoll), Henderson Island, Oeno Island, und eben die Haupttinsel Pitcairn Island. Nur letztere ist bewohnt. Die Inseln sind weit voneinander entfernt, Ducie 477 km, Henderson 168 km, Oeno 121 km von Pitcairn Island.
Durch Initiative der Zeitschrift National Geographis wurden ab 2013 intensive Forschungen der Meeresflora und Fauna um Pitcairn herum begonnen. Man fand dort außergewöhnlich viele seltene Arten von Lebewesen und Pflanzen, besonders Meeresbewohner die die Tiefe des Ozeans bevorzugen.
Resultat war, dass das Gebiet um Pitcairn Islands 2016 als „Maritimes Naturschutzgebiet“ (Maritime Reserve) erklärt wurde.
Somit ist kommerzielle Fischerei in dem Gebiet verboten. Zur Überwachung der Einhaltung dieses Verbots sind dafür sogar Satellitenkameras auf dieses Gebiet gerichtet um den Schiffsverkehr dort zu überwachen und illegal fischende Boote zu identifizieren.
Den einheimischen Pitcainern ist die Fischerei jedoch gestattet.
Das „Maritime Reserve“ umfasst eine Fläche von über als 830.000 qkm und ist somit mehr als doppelt so groß wie Deutschland. Die Pitcairner können sich nun rühmen, im größten Naturschutzgebiet der Welt zu leben.
Und ich –
ich kann mich rühmen, den Arsch der Welt gesehen zu haben.
Ich würde gerne Bilder platzieren, aber die Internetverbindung hier auf Pitcairn lässt es nicht zu.