Faule Haut has reached Sint Maarten/Saint Martin. It’s her third visit. She’s been here twice in 2018. Skipper Ingo feels like home. He’s just gone ashore and is enjoying live music at the Buccaneer Beach Bar.
Weltumseglung
Wieder an einer Katastrophe vorbeigeschliddert
Vor einige Tagen habe ich Gerdi wieder aufs Boot geholt. Weil sie den langen Trip von Bali bis zur Südwestküste Javas (600 sm, acht Tage und Nächte) nicht mitmachen wollte, ist sie eine Woche länger auf Bali geblieben und dann mit Bahn, Bus und Taxi zur Südwestküste nachgekommen. Die Kommunikation über Internet/WhatsApp erleichterte die Familienzusammenführung enorm. Wir haben uns beide die hier sehr preiswerten indonesischen SIM Cards in die Smartphones gesteckt. Wir konnten aber nur kommunizieren, wenn ich in Küstennähe gesegelt bin. Das war nicht immer der Fall und wir hatten mehrere Tage keine Verbindung. An der Küste gab es wenig Wind, weswegen ich mit 5 – 20 sm Abstand weiter südlich daran entlang gesegelt bin und dann keine Netzverbindung mehr hatte.
Es gab noch einen anderen Grund Abstand zur Küste zu halten, nämlich die FADs (Fish Aggregating Devices), trickreiche indonesische Fischfanganlagen. Vor denen wurde ich schon zuvor im Internet gewarnt. Segler sollten besonders Nachts aufpassen, weil diese schwer zu sehen seien. Ich hatte diese Anlagen aber nur in direkter Küstennähe erwartet, und nicht im Abstand von 4 oder 10 sm.
Es ist in ganz Indonesien verboten mit Schleppnetzen zu fischen. Deswegen haben die smarten Fischer diese Art des Fangens erfunden: Sie errichten aus Bambus schwimmende Plattformen auf dem Wasser und vertauen Sie über Mooringleinen auf dem Meeresgrund. Unter denen hängen sie Netze, die sie in gewissen Abständen hochziehen oder hochkurbeln. Diese Art des Fischens ist legal, weil sie ja keine Netze hinter dem Boot herziehen. Gefischt wird IMNER NUR NACHTS. Auf den Plattformen sind kräftige Scheinwerfer (Generator betrieben) installiert die nach unten gerichtet aufs Wasser strahlen um die Fische anzulocken.
Diese Fischfangplattformen hätten beinah meine Weltumsegelung beendet. Wie das?! In der Nacht zum 29.07. segelte ich allein im Abstand von 10 sm an der Südküste Javas entlang. Ich hatte super guten Wind und machte ca. 6 kn Fahrt. Nachdem ich fünf Tage und fünf Nächte allein unterwegs war, war ich mental platt durch den Schlafdefizit. Ich hatte meine Wecker auf dem iPhone so aktiviert, dass ich alle zwei Stunden geweckt wurde. Alle zwei Stunden stand ich somit auf, ging an Deck, suchte den Horizont nach Schiffen ab, checkte und korrigierte den Kurs auf dem Autopiloten und legte mich wieder schlafen. In dieser Nacht wurde ich kurz vor zwei Uhr (um zwei hätte mein iPhone gerappelt, ich war also knapp zwei Stunden „blind“/schlafend unterwegs) von Motorengeräuschen geweckt. Das Wissen, dass es nicht von meinem Motor kam, katapultierte mich aus der Koje und ich stürmte in einem Mix aus schlaftrunken und hellwach den Niedergang hoch. In ca. 15 m Abstand vor mir sehe ich ein Fischerboot meinen Weg kreuzen, helle gelbe Scheinwerfer auf mich gerichtet.
Ich konnte in dieser Schrecksekunde nicht abschätzen ob es vom Abstand her reicht und er vor mir durchfährt oder ob wir zusammenstoßenden. Deswegen riss ich schnell das Ruder nach rechts. Dabei viel mir auf, dass ich gar keine Hose anhatte und mit nacktem Arsch im Cockpit stand, hell angestrahlt von den Lichtern des Fischerbootes, bestückt mit einigen, vermutlich überprüden muslimen Fischern. Ich drückte schnell den Autopilotknopf um das Ruder zu arretieren und sprang nach unten um meine Unterhose zu suchen. Ich also in die Hose gesprungen und dann wieder aufs Deck. Der Abstand zum Fischerboot war groß genug. Wir hatten keine Berührung. Doch was ich dann sah haute mich um und für wenige Sekunden konnte ich nicht einordnen was ich da sah: Ich war umzingelt von Lichtern, 360° um mich herum, in unterschiedlichen Entfernungen. Ich dachte für den Bruchteil einer Sekunde ich hätte mich verfahren und wäre in irgendeine geschlossene Bucht gelandet, bis ich merkte, dass nur wenige der Lichter von Booten kamen. Die Mehrheit kam von den Fischfangplattformen.
Die Plattformen waren zwar alle von Fischern besetzt, aber die FADs sind am Meeresboden verankert und hätten mir nicht ausweichen können. Als ich, nachdem es hell wurde, durch ein zweites Feld von FADs segelte, und fünf oder sechs mal meinen Kurs ändern musste, um nicht eine davon platt zu fahren, war mir klar, dass ich Stunden zuvor wieder einmal an einer Katastrophe vorbei geschliddert bin, als ich – in der Koje schlafend, unter Autopilot – MITTEN DURCH EIN FELD von diesen FADs gesegelt bin.
Ich bin auf der Strecke nach meiner Schätzung an weit über 300 FADs UNGESCHADET vorbei gesegelt. Keine davon zu rammen, kommt von der Wahrscheinlichkeit her einem 6er Gewinn im Lotto gleich. Nun – ich hab meine Erklärung dafür. Ich weiß nicht, ob ihr das als Glück oder Zufall einstuft? Ich glaube, es hat mir in der Nacht als ich schlief wieder mehrmals jemand ins Steuer gegriffen. Und ich bin mir sicher, es war nicht der Klabautermann.
Die Faule Haut ist am 22.12.2017 in der Karibik angekommen.
Der Angesengte ist Skipper Benno, in der Mitte Skipper Ingo und dann rechts Skipper Udo. Glücklich am Anlegesteg in Point-a-Pitre, Guadeloupe. Nach 49 Tagen auf See für mich und Benno (von Vinaros) und 28 Tage für Udo (von Tenerife)
Für näher Interessierte hier eine kleine Statistik:
Gesegelt von: Vinaros > Málaga: 600 sm
Málaga > Tenerife: 1.300 sm
Tenerife > Guadeloupe: 3012 sm
Gesamt: 4.912 sm
Auf See gesamt : 49 Tage, darin enthalten 5 Aufenthaltstage gesamt (Málaga 1 Tag, Gibraltar 1 Tag, Las Palmas 1 Tag, Tenerife 2 Tage). 4912 sm dividiert durch 44 reine Seetage = 111 sm/Tag = 4,6 kn Durchschnitt.
Jetzt kann ich’s mir nicht verkneifen, mich mal ein bisschen zu beweihräuchern: Ich hatte für die Überfahrt 44 Tage (reine Seetage) prognostiziert bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 4,5 kn. Die 44 Tage stimmten genau aber bei der Geschwindigkeit habe ich mich um 0,1 kn verschätzt.
Zu viel haben wir erlebt, als dass man es hier auflisten könnte. Eigentlich hatte ich vor, ein Blog zu schreiben, aber wie es scheint, bin ich dazu zu faul. Meine engsten Freunde wurden allerdings rund um die Uhr mit WhatsApp Messages auf dem Laufenden gehalten. Am 27.11.2017 sind Benno und ich nach Vinaros geflogen und hatten sofort angefangen, die Yacht für die Überfahrt klar zu machen. Am meisten Arbeit machte die Installation der Hydrovane (Windsteueranlage). Glücklicherweise traf diese rechtzeitig aus England ein. Auch drei neue Batterien wurden installiert und zusätzliche Elektronik zur Steuerung und Überwachung der Photovoltaik und der Bordspannung.
Proviant in Massen wurde eingekauft und gebunkert. Bei ALDI in Vinaros wurde gemunkelt, wir bereiten uns auf den Krieg mit Katalonien vor, denn zusammen mit dem Trinkwasser, 62 Stück 5 ltr Flaschen waren es fünf Einkaufswagen voll, die wir durch die Kasse schoben.
Chronik:
04.12.2017: Benno und ich legen in Vinaròs ab, Ziel: Guadeloupe, Caribbean Sea
11.11.2017: wir erreichen Malaga
12.11.2017: Sabine steigt zu
25.11.2017: wir erreichen Tenerife
26.11.2017: Udo steigt zu, Sabine fliegt zurück nach DE.
27.11.2017: wir, drei Skipper, Benno, Udo & Ingo verlassen Tenerife 22.12.2017: wir drei erreichen Pointe-a-Pitre, Guadeloupe
Ich danke meinen Freunden Sabine, Benno und Udo für ihre Begleitung. Es war einfach geil mit euch. Besonders Benno, der mit mir eine Woche lang zuvor nicht nur bis spät in die Nacht, sondern oftmals bis spät in den Morgen am Boot gearbeitet hatte, um die Yacht für die Atlantiküberquerung fit zu machen. Ohne Benno‘s Hilfe hätte ich enorme Probleme bekommen meinen Zeitplan einzuhalten. Wir standen unter Zugzwang denn wir mussten spätestens am 23.12. in Guadeloupe sein, da Frank bereits für diesen Tag seinen Flug in die Karibik gebucht hatte, bevor wir überhaupt gestartet hatten. Drei weitere Freunde hatten ebenfalls Flüge für den 27.12. gebucht. Alle wollten dort auf die Faule Haut zusteigen um dort gemeinsam einen kleinen Teil der Inselwelt kennenzulernen.
Es ehrt mich, gesehen zu haben, welches Vertrauen die Freunde hatten, das wir die Faule Haut nach über 4.900 sm rechtzeitig in Guadeloupe anlanden würden.
Die ersten Tage auf See waren hart für Benno und mich. Die nächtlichen Deckswachen zerrten an den Nerven und waren gewöhnungsbedürftig. Nachts musste jeder im Wechsel 5 Std. Wache gehen. Doch auch wenn man keine Wache schob, an richtigem Schlaf war nicht zu denken. Man dümpelte auf der Koje im Dämmerzustand, halb wach halb schlafend dahin. Durchgeschaukelt rund um die Uhr vom Rollen und Stampfen der Yacht. Unsere Kojen teilten wir jeder mit Wasserflaschen, Milchtüten, Weinboxen, Küchenpapier und anderem Proviant, denn der Raum in den Schränken und in der Bilge unter den Bodenbrettern reichte nicht aus um alles zu verstauen. Hatte aber auch den Vorteil, dass man in den Kojen eingeklemmt war und bei den Rollbewegungen des Bootes nicht immer in der Koje herum geworfen wurde. Wir waren beide auch durch das Schlafdefizit tagsüber richtig matschig im Kopf. Wir mussten uns erst daran gewöhnen, dass das Boot nun ohne Unterbrechung pausenlos schaukeln würde, 24 Std. am Tag, 44 Tage lang.
Eine große Erleichterung gab es als Sabine in Malaga zustieg. Sie brauchte zwar auch ein zwei Tage um sich an die permanenten Schiffsbewegungen zu gewöhnen, lief dann aber zur Höchstform in der Küche auf. Von da an bekamen wir endlich wieder was vernünftiges zu Essen. Selbst bei hohem Seegang und bei einem wahnsinns Geschaukel und Krängung stand Sabine in der Pantry und hat die tollsten Sachen für uns drei gekocht. Sie schob zwar kein Wachdienst, aber war oft lange mit uns wach und ihr Dabeisein und die tollen Gespräche mit ihr bis tief in die Nacht hinein machten die Nachtwachen weitaus erträglicher und kurzweiliger. Sabine hat saugut gekocht und Benno war so schlau mit den Augen zu klauen, was und wie sie da zaubert, und ließ sich vieles von ihr erklären, so dass er, als Sabine auf Tenerife von Bord ging, nach ihren Kochrezepten und Tipps den Part des Smutje übernahm. Und – erstaunlich – es gelang ihm echt gut. Gewürztechnisch lagen zwar Welten zwischen ihm und Sabine, aber wie heißt es doch – „einem geschenkten Barsch, schaut man nicht in den … „ Also – es hat super geschmeckt, was er dann JEDEN Tag zubereitet hat. Udo‘s Kochkünste beschränkten sich aufs Wasser kochen. Meine aufs Brotbacken.
Als Udo auf Tenerife an Bord kam um mit uns die Strecke über den großen Teich zu segeln, empfanden wir die Nachtwachen als Kinderspiel. Was für ein Unterschied, die Deckswachen von nun unter Dreien aufzuteilen. Was das Segeln anbelangt, hatten wir einen schweren Start. Die Strecke von Vinaròs nach Gibraltar zog sich wie Gummie – wir mussten viel kreuzen und hatten zusätzliche Tage mit Flauten dazwischen. Auch von Gibraltar bis auf Höhe der Cap-Verdischen Inseln, sind wir oft in Flauten dahingedümpelt. Das hatten wir aber erwartet. Schließlich wussten wir, das erst in Höhe der Kapverden, die Passatwinde richtig greifen. Als wir den Passatgürtel erreicht hatten, ging aber oftmals die Post ab. Windstärken bis 30 kn und mit Böen weit darüber hinaus. Vielfach hatten wir beide *Reffs im Großsegel und auch die Genua wurde gerefft. Liefen wir genau vor dem Wind, blieb das Großsegel unten. Mit der Genua allein lief das Boot besser. Ein Foto der Logbucheinträge zeigt deutlich die Anfangsschwierigkeiten und den Fortschritt ab dem 16 Breitengrad.
Ach ja – beinahe hätte ich’s vergessen. Ich hatte noch in Vinaros ein Spinnakerbaum bestellt, der aber nicht mehr vor unserer Abreise geliefert werden konnte. Also suchte ich unterwegs, als wir an der spanischen Küste entlang fuhren übers Handynetz im Internet nach einem .Spinnakerbaum. Wir hatten Glück, denn von Gibraltar bekam ich eine E-Mail von einer Chandlery, dass sie einen Baum in unserer gewünschten Größe im Lager haben. Den ließen wir uns reservieren und konnte ihn dann in Gibraltar abholen. Was für ein kostbares Geschenk. Das Ding war unbezahlbar. Das Ding ist ein absolutes „Must-have“. Bei den permanent achterlichen Winden hat uns der Baum bestimmt die Reisezeit über den Atlantik um drei Tage verkürzt.
Allerdings war es auch ein Kampf, wenn man nachts bei 30 kn den Baum allein von einer Seite auf die andere schifften musste. Wir waren beide zu stolz, Benno und ich, jeweils den anderen zu wecken um das zu zweit zu machen. Es war auch eine gute Übung für uns beide und wir wissen nun, dass wir uns beide als Einhandsegler bezeichnen können.
Als wir allerdings den 16 Breitengrad erreicht hatten, hangelten wir uns an diesem entlang bis nach Guadeloupe ohne auch nur ein einziges Mal die Segel auf die andere Seite zu setzen. Es ging genau 270 Grad nach Westen. Zwar wechselte der Wind ständig seine Stärke, die Richtung aber blieb gleich. Endlich kein nächtliches Umbauen des Spinnakerbaumes mehr. Die Segelfläche wurde immer wieder verkleinert oder vergrößert. Ab 25 kn refften wir die Rollgenua ein wenig. Den größten Teil der Strecke auf dem 16. Breitengrad segelten wir mit der Genua allein. Meistens zusammen mit Hilfe des Spinnakerbaumes.